Was uns der Fall Guttenberg(s) zeigt: Der König ist tot, es lebe der König!


Während viele arabische Länder in einem rasanten, unabsehbaren Prozess ihre einstigen Diktatoren und demnächst auch vielleicht Könige entmachten, entsteht hier in Deutschland ein kurioses Machtvakuum der ganz besonderen Art, mit dem bis vor kurzem auch niemand gerechnet hat.

Es begann alles ganz überschaubar und klein: Andreas Fischer Lescano, Leiter des Zentrums für Europäische Rechtspolitik in Bremen, bereitete ein Universitätsseminar vor und sah, dass der damalige Verteidigungsminister zu diesem Thema promoviert hatte. Erfreut nahm er die Promotion in seine Literaturliste mit auf, begann darin zu lesen und merkte irritiert, dass die Promotion etliche diverse Schreibstile enthielt. Er wurde stutzig und begann zu googeln. Er wurde fündig, sprach sich dann mit einzelnen Redaktionen ab und die Lawine nahm ihren Lauf.

Dass es zum spektakulären Rücktritt des Verteidigungsministers kam, lag auch an der Reaktion des Doktoranden Tobias Bunde, der wie viele seiner Kollegen "die Welt nicht mehr verstand", als er Guttenbergs Erklärung vernahm, bei circa 50 % Kopiertätigkeit nicht bewusst getäuscht zu haben. Eine Ohrfeige für alle Promovierenden, die redlich über ihrer Dissertation schwitzen. Er verfasste einen offenen Brief an die Kanzlerin, vernetzte sich mit anderen Studenten, stellte diesen Brief ins Netz und sammelte 23.000 Unterschriften. Ein erneutes, eindrucksvolles Beispiel dafür, wie internetgestützte Aktionen an der offiziellen Presse vorbei eine schlagkräftige Wirkung entfalten können!
Denn die offiziellen Wissenschaftsorgane wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Gremien eingesessener Universitäts-Professoren schwiegen erstaunlich lange. Oder gaben wehleidig entsetzt den Schwarzen Peter einfach an den vermeintlichen Doktoranden weiter. Man kann gespannt sein, ob hier eine Selbstreinigung einsetzen wird und der ehemalige Doktorvater Guttenbergs samt seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern, die diese "Promotion" abgewunken haben, mit Recht zur Rechenschaft gezogen wird. Denn ohne deren wissentliche Mithilfe wäre der Betrug nicht gedeckt worden!

Und jetzt die andere übers Internet laufende kuriose Reaktion: Millionen wollen ihn zurück, den tollen zu Guttenberg, der mit seiner Frau und Kerner im afghanischen Militär-Camp zumindest seine Show-Kompetenz unter Beweis stellte. Das heißt nichts anderes, als dass nicht wenige in unserer angeblich aufgeklärten Demokratie einen betrügerischen, glamourösen Schaumschläger mit militärisch markigen Accessoires anhimmeln.

Der nüchtern bissige Kommentar dazu des adligen Kommentators Joseph von Westphalen in der Münchner Abendzeitung vom 5./6.3.2011: "…Man kann froh sein, dass der unpassende Glanz dahin ist….Und für Politiker schwärmen, ist auch nicht unbedingt ein Zeichen für die Reife der Demokratie, sondern eher ein Rückfall in die Untertanenzeit." Wie wahr! Und gleichzeitig wie erschreckend.
Denn der Vorgang lässt wiederum abgrundtief blicken in die kollektive deutsche Psyche. Sind wir wieder soweit? Dass dem Niedergang der deutschen Mittelschicht, der Zunahme von Armut nichts anderes entgegenzusetzen ist als die absurde Erhöhung eines Betrügers?

Dann lasst uns doch bitte beherzt handeln und zur konstitutionellen Monarchie zurückkehren. Wenn unser Volk den Glamourfaktor braucht: Krönen wir über Nacht Karl Theodor und seine Stefanie zum Königspaar der deutschen Herzen, das schon aufgrund seiner Herkunft Garantie dafür ist, die benötigte Show glanzvoll und hochprofessionell abzuziehen. Zum Entzücken von Bunte und seinen Millionen Lesern und zur Vermeidung weiteren Übels in Form von Verwechslung von Politik mit Popstarkult!