Astroporträt Clara Schumann Teil II und III

Dieses Astroporträt wurde in 3 Teilen von der Astrologie Zeitschrift "Meridian" 2003 veröffentlicht. Teil 1, der Claras Jugend und frühe Ehejahre schildert, ist hier nicht veröffentlicht.

Clara Schumann im Übergang von der gebremsten Ehefrau zur selbständigen Virtuosin und Managerin


Claras letzte Ehejahre oder der Tiger im Käfig

1850 ziehen Schumanns mit mittlerweile 5 Kindern vom musikalisch gesehen langweiligen Dresden nach Düsseldorf. Die erste Zeit lässt sich gut an. Robert hat erstmals eine feste Stelle als Musikdirektor, seine Kompositionen werden innerhalb und außerhalb Deutschlands zunehmend bekannt.
Und wie steht es um Clara? Erstmals nach längerer Zeit kann sie 1850 in öffentlichen Auftritten zusammen mit der berühmten Sängerin Jenny Lind in Hamburg großen Erfolg verzeichnen.

Doch nach wie vor erlebt sie ihr gewaltiges Ausdruckspotential (Sonne/Venus Opp. Saturn/Pluto im Quadrat zu Uranus/Neptun) größtenteils in der gehemmten Form: Sonne -Neptun-Uranus =der verschwundene Ausdruck (Sonne/Neptun), der nur sporadisch (=Uranus) in Hauskonzerten oder öffentlichen Auftritten in Erscheinung tritt. Wie sehr ihr Selbstbewusstsein als eigenständige Künstlerin gesunken ist, mag eine Tagebuchäußerung aus dieser Zeit dokumentieren:

"Ich weiß kaum mehr, wie ich noch spielen soll, während ich mich bemühe, den Sänger möglichst zart und nachgebend zu begleiten, spricht Robert, meine Begleitung ist ihm schrecklich! Müsste ich nicht mein Spiel benutzen, um auch etwas zu verdienen, ich spielte wahrhaftig keinen Ton mehr öffentlich, denn was hilft mir der Beifall der Leute, wenn ich ihn nicht befriedigen kann." (1)

Die Begegnung mit dem Publikum, die sie früher so genossen hatte, hat sich auf die Anerkennung durch den Ehemann reduziert. Der Klavierunterricht, den sie ihren Kindern erteilt, ist für sie natürlich alles andere als erfüllend. "....die zwei Ältesten (Marie und Elise) haben jetzt den Clavierunterricht bei mir; welch ein Opfer aber das von meiner Seite ist, begreifst du vielleicht nicht, es ist aber wirklich ein Schweres." (2)

1852 erhält Clara nach 12 (!) Jahren Ehe endlich die Möglichkeit, ungestört wieder Klavier zu üben. "Die größte Annehmlichkeit ist noch die, daß ich mein Studier-zimmer im zweiten Stock habe, wo Robert nichts hören kann. Zum ersten Mal nach unserer Verheiratung treffen wir es so glücklich!" (3)

Ihre Euphorie darüber, sich ernsthaft mit Musik auseinandersetzen zu können (Saturn/Neptun in gelöster Variante!), paart sich mit der Traurigkeit darüber, wertvolle Jahre verloren zu haben. "Wenn ich so recht regelmäßig studieren kann, fühle ich mich doch eigentlich erst wieder so ganz in meinem Elemente;.es ist, als ob eine ganz andere Stimmung (Neptun) über mich käme, viel leichter und freier (Uranus) und alles erscheint mir heiterer und erfreulicher ..... Meine letzten Jahre gehen dahin, meine Kräfte auch - gewiß Grund genug, mich zu betrüben. Ich bin so ganz entmutigt, dass ich es gar nicht sagen kann". (4)

Begegnung mit Brahms und Einweisung Schumanns in die Anstalt

Der junge Johannes Brahms Am 30.9.1853 findet die erste Begegnung des Ehepaars Schumann mit dem jungen 20jährigen Brahms statt. Es ist gegenseitige Begeisterung auf den ersten Blick. Sie musizieren viel zusammen, bringen ihre Kompositionen zu Gehör. Robert und Clara erkennen sofort, dass dieser Unbekannte eine Musik komponiert, die Furore machen wird. Brahms verliebt sich sehr bald in Clara, sie wird die nächsten Jahre die große Liebe, in späterer Zeit - verbunden mit zeitweiligen Missverständnissen und Querelen - notgedrungen die Freundin seines Lebens bleiben.

Die zum letzten Mal schwangere Clara (Anm. Felix kommt als jüngstes Kind im Juni 1854 zur Welt) scheint astrologisch gesehen in dieser Zeit für inspirierende Begegnungen offen zu sein: der laufende Uranus in ihrem 11. Haus hat ein Trigon zu ihrem Merkur und zu ihrer Venus, außerdem ein Sextil zu ihrem MC und AC. Wichtig in dieser Zeit ist der laufende Neptun: er steht in Konjunktion zu ihrem MC, als Herrscher desselben!

Es ist also Zeit, sich der Berufung als Künstlerin bewusst zu werden. Er hat eine Opposition zu ihrem Merkur und zu ihrer Venus im 4. Haus, bringt also ihre Empfindungswelt erotisch und künstlerisch gesehen ins Schwingen. Zusätzlich hat der laufende Neptun ein Trigon zu ihrem Aszendenten und wird sich in der nächsten Zeit der Opposition zu ihrer Sonne und dem Quadrat zu ihrem Uranus nähern.

Diese anregende, oft in Gesellschaft mit anderen berühmten Musikern verbrachte gemeinsame Zeit erfährt eine jähe Unterbrechung, als im Februar 1854 Schumanns Geisteskrankheit, die sich schon in Ansätzen die Jahre zuvor manifestiert hatte, in unerwartet heftiger Form ausbricht (6).
Er begeht am Morgen des 24.1.1854 einen Selbstmordversuch. Nachdem er aus dem Rhein geborgen wurde, lässt er sich angeblich auf eigenen Wunsch in die private Heilanstalt Endenich einweisen. Dieter Kühn (7) versucht in seiner detaillierten Biographie über Clara Schumann gleichsam kriminalistisch, die Ereignisse in dieser Zeit zu rekonstruieren und kommt zum - wie ich meine - überzeugenden Ergebnis, dass die von Clara energisch nach außen gebrachte Darstellung und die Realität sich fundamental widersprechen. Der Neptuntransit auf ihrem Merkur mag sie dabei begünstigt haben, die Darstellung nach außen zu manipulieren. Der laufende Saturn (Herrscher von 7) bewegt sich passenderweise durch Claras 12.Haus, während Schumann in der Anstalt ist: der Partner im Abseits.

Der offiziellen Version, nach der der Seblstmordversuch Ausdruck der Geisteskrankheit gewesen sei und er in bewusstem Zustand sich deshalb selbst einlieferte, widerspricht Kühn entschieden.
1. Schumann hatte zeit seines Lebens eine große Phobie Irrenhäusern gegenüber. Dass so jemand dann freiwillig hineinging, ist mehr als unwahrscheinlich.
2. Die Schübe seiner Anfälle verliefen über die Jahre stets passiv, nie tätlich aggressiv oder autoagressiv.
Schlussfolgerung Kühns: es muss etwas passiert sein, was ihn in Verzweiflung dazu veranlasst haben könnte, seinem Leben ein Ende setzen zu wollen.
Dieter Kühn vermutet, dass am Abend vor Robert Schumanns Selbstmordversuch eine Unterredung zwischen Clara und ihrem Mann stattgefunden haben muss, in der sie ihm sozusagen die Pistole auf die Brust setzte: "Robert, es reicht jetzt, es wird mir schon lange zuviel, die Kinder, deine über Jahre sich verschlimmernde Krankheit, ich halt es nicht mehr aus - eine pragmatische Lösung muss her! Ich muss wieder auf Konzerttournee gehen können, sonst dreh ich durch......" so in etwa könnte thematisch gesehen die Aussprache gelautet haben.

Interessanterweise sprechen die planetarischen Konstellationen dieser kritischen Tage für diese Version Kühns: der laufende Mars bewegte sich minutengenau über Claras Merkur Ende Haus 3/Anfang Haus 4, der in ihrem Horoskop sowohl ein Sextil als auch eine verdeckte Konjunktion zu ihrem Radixmars hat.
Angesagt war also "Tacheles reden", unliebsame häusliche Themen ansprechen, die die eigene Durchsetzung und Verwirklichung schon über Jahre gebremst hatten. Schumann könnte im Schock realisiert haben, dass das verklärte Bild von seiner Frau (Mond/ Neptun Konstellation in seinem Horoskop) ein Luftschloss war, dass sein "Clärchen" ihn nicht mehr selbstlos seelisch unterstützen würde .... und das in seiner hochgradig gefährdeten Situation!
Dass für ihn, seelisch gesehen, der Boden brannte, zeigt sich bei ihm im Horoskop in einer Uranus-Uranus-Opposition. Der laufende Uranus war am Beginnn seines 4. Hauses (im Stier) angekommen, seine vermeintliche seelische Sicherheit war dabei aufzufliegen. Dass er unter Schock dann den Selbstmord als letztes Mittel ansah, ist mehr als begreiflich!

Weitere Tatsachen, die für diese These sprechen: Clara wird ärztlich verboten, ihren Mann noch vor dem Transport nach Endenich zu sehen. Das macht nur Sinn, wenn sie dem einweisenden Arzt von der Auseinandersetzung vom Abend zuvor erzählt hat. Ihr Anblick würde dann tatsächlich den Kranken aufregen. Dieser Ratschlag wird auch die gesamten zwei Jahre, die Schumann in der Anstalt ist, aufrechterhal-ten. Der offiziell angegebene Grund, Clara wegen der Schwangerschaft, später dann im Hinblick auf die Kinder schonen zu müssen, ist unglaubhaft. Clara Schumann hatte im schwangeren Zustand schon viele belastende Situationen gemeistert. Nach der Entbindung erhält dieser Ratschlag auch nur Sinn, wenn davon ausgegangen werden muss, die Beziehung der Eheleute stehe nicht mehr zum Besten.

Auffallend auch der ärztlich bezeugte Umstand, dass Schumann ein halbes Jahr langsich nicht nach seiner Frau erkundigt. Und: sie besucht ihn während der zwei Jahre, die er in Endenich verbringt, erst wenige Tage vor seinem Tod im Juli 1856! Kein einziges Mal spricht sie vorher persönlich mit den behandelnden Ärzten, nimmt die Anstalt in Augenschein, was sie auch hätte tun können, ohne ihm zu begegnen.... statt dessen klagt sie zwei Jahre lang in Briefen und Tagebucheintragungen über den "armen Robert" und versichert - ohne wie gesagt die Umstände zu kennen - dass er in der Anstalt mit großer Liebe versorgt werde.

Dieter Kühn (6) weist des öfteren nach, dass bestimmte Äußerungen Claras nur bedingt als authentisch zu beurteilen sind. Clara Schumann war sich seit ihrer Kindheit ihrer Bedeutung bewusst und managt in hohem Maße bewusst ihr Image nach außen, sprich: sie retouchiert die Realität nach den Erwartungen der Um- und Nachwelt. Wortwörtliche Übereinstimmungen zwischen Briefstellen und Tagebuchauszügen, bewusste Vernichtung von Briefwechseln, regelrechte Glaubensappelle an ihre Kinder in den Tagebüchern bezeugen, dass sie ganz bewusst ein Bild in der Öffentlichkeit erzeugen wollte - eine weitere Variante ihrer Saturn/Plutokonjunktion im 10. Haus. Das in die Öffentlichkeit getragene Bild als treffende Variante von einem Pluto in 10 in Konjunktion mit einem Saturn als Herrscher von 7 trägt je nach Lebensabschnitt verschiedene Titel, die sich jedoch konsequent ergänzen: "Clara Schumann als vom Schicksal geschlagene trauernde Gattin, die gezwungen ist, ihren kranken Ehemann und ihre Kinder selbst zu ernähren" , "Clara Schumann als trauernde Witwe und sorgenvolle Mutter, die sich für ihre Kinder aufopfert und sich dem Andenken ihres verstorbenen Gatten verpflichtet fühlt" .........Ihr nach außen vermitteltes unverändertes hehres Bild nach Schumanns Tod : schwarze Kleidung, kleiner, mit Spitze versehener Witwenschleier. Dieser Bildregie wird sie in den folgenden Jahrzehnten zunehmend ihre seelische Lebendigkeit, Leidenschaft und den Lebensausdruck ihrer Kinder (Pluto aus 5 kommend, in 10 stehend) opfern - eine weitere Entsprechung ihrer Saturn/Pluto Konjunktion in 10.

Konzertieren aus Leidenschaft, Clara und Brahms

Clara Schumann als 37jährige Witwe Ihre berühmte Tagebucheintragung im Jahr 1856 "ein neues Leben begann für mich" hätte schon im Sommer 1854 erscheinen müssen. Denn nach der Einweisung Schumanns beginnt sie unverzüglich das zu tun, was sie 14 Jahre lang nicht hatte tun können: konzertieren auf Teufel komm raus. Als kurz nach der Einlieferung Schumanns Verlegerfreund Härtel ihr anbietet, Benefiz-Konzerte zu Gunsten der Schumann-Familie zu geben, kontert sie entschieden "Konzerte lasse ich niemand für mich geben, das tue ich selbst". Jedes Argument nimmt sie zu Hilfe, um ihre Konzerttourneen zu rechtfertigen, "Künstlerehre", "heilige Pflicht" (Saturn-Neptun), Robert und die Kinder zu ernähren.... Freunde und Familienangehörige übernehmen die Aufgabe, Schumann zu besuchen. Dabei ahnen manche Besucher wie z.B. die scharf beobachtende Bettina von Arnim, dass es mit der Einweisung Schumanns nicht mit rechten Dingen zugegangen war. "Man erkennt deutlich daß sein überraschendes Übel nur ein nerveuser Anfall war der sich schneller hätte beenden lassen hätte man ihn besser verstanden, oder auch nur geahnt was sein Inneres berührt" (8).

Brahms zieht unmittelbar nach der Einlieferung Schumanns bei Clara ein. Sie verbringen Urlaube zusammen, Brahms kümmert sich während der konzertbedingten Abwesentheiten Claras um die Kinder. Bisweilen reist er Clara sehnsüchtig nach, erwägt, ein Instrument zu lernen, mit dem er gemeinsam mit ihr auftreten könnte.... Die gegenseitige große Freude am Wiedersehen ist immer auch getrübt durch die Sorge um die Kinder und vor allem um Robert Schumann, dem sich ja Brahms in tiefer Freundschaft verbunden fühlt.

Auch wenn sie das nie so klar in ihren Briefen oder Tagebüchern formuliert, gewinnt man den Eindruck , dass Claras zweite große Liebe wiederum einem zerreißenden seelischen Spagat ausgesetzt ist. War sie als junge Frau in die unerbittliche Wahl zwischen Vater und späterem Ehemann gestellt, befindet sie sich jetzt in der fürchterlichen Zwickmühle zwischen der Treue- gepaart mit schlechtem Gewissen - ihrem in der Anstalt verwahrten Ehemann gegenüber und ihrer Zuneigung zu Brahms. Astrologisch müsste dies ihrer Venus Konj. Sonne in Opposition zur Saturn/Pluto Konjuntkion entsprechen.

Dazu ist anzumerken, dass Clara nicht nur ein hohes protestantisch geprägtes Arbeitsethos, sondern auch einen ausgeprägten Moral- und Pflichtkodex (Saturn/Pluto) besaß. Beide wurden in hohem Maße von der väterlichen Erziehung geprägt; letzterer fand eine Verstärkung in der Tatsache, dass Instrumental-virtuosinnen im Gegensatz zu Bühnenkünstlerinnen dem bürgerlichen Begriff von Moral unterworfen waren. Während also Sängerinnen und Schauspielerinnen Liebhaber zugestanden wurden und die Gesellschaft durch sie ihr Verlangen nach Skandalen stillte, unterlagen Instrumentalistinnen der bürgerlichen Norm. (9)

"Und ein neues Leben begann für mich": Claras konsequente Entscheidung für ihre künstlerische Berufung

Als sie mit fast 37 Jahren Witwe wird, läuft sie seit 2 Jahren unten herum just über 7 Jahre Schütze. Dessen Herrscher Jupiter im 8.Haus, der aus ihrem 6. kommt und die Neptun/Uranus Konjunktion im Gepäck hat, wird überdies vom laufenden Pluto im Quadrat aktiviert. Massive , durch Tod bedingte totale Transformation der Lebensumstände, Reisen künstlerischen Inhaltes werden umfassendes Lebensprogramm. Es herrscht bei aller Trauer auch Aufbruchsstimmung:

`Wohlauf nun getrunken den funkelnden Wein,
ade meine Lieben, geschieden muss sein.....
es zieht in die Ferne mich mächtig hinaus´

- wer weiß,vielleicht mag ihr Roberts wundervolle Vertonung jenes Gedichts von Justinus Kerner in der Seele geklungen haben.

Die Kehrseite in dieser Phase: nach dem Tod Schumanns bleibt die Liebe zwischen Brahms und ihr wiederum auf der Strecke. Die Briefe aus der heißesten Zeit sind vernichtet worden - und das sagt eigentlich schon alles. Es entkräftet die Aussagen der Clara Schumann Hagiographen, die die Beziehung Brahms-Clara von Anfang an als "innige Freundschaft" bezeichnet haben wollten. Aus den wenigen Briefzeugnissen, die aus dieser Zeit erhalten sind, beobachtet Dieter Kühn ein Umschlagen der Liebe im Winter 1856/57 in eine (erzwungene) Freundschaft. Ich kann hier nur mehr oder weniger plausibe Mutmaßungen äußern:

1. Hätte Clara ihre Zuneigung zu Brahms offen gelebt, wäre dies natürlich ein Skandal geworden. Berühmter Ehemann gerade verstorben und die Witwe - überdies Mutter von 7 Kindern - hat einen 14 Jahre jüngeren Geliebten. Wie bereits oben erwähnt, verstand sich Clara selbst in hohem Maße als eine bürgerlichen Tugendbegriffen verpflichtete Frau, die auch in der Öffentlichkeit so wahrgenommen werden wollte. Die Verbindung hätte jedenfalls eine große Einbuße ihrer Reputation zur Folge gehabt, die ihr als anerkannte Pianistin (H von 7 in 10) äußerst wichtig war. Auf der anderen Seite hatte Clara - nomen est omen in diesem Fall - einen sehr klaren, geradlinigen Charakter. Eine ihr wichtige Liebe längerfristig in aller Heimlichkeit zu leben, wäre ebensowenig ihre Sache gewesen.

2. Wenn die beiden , um einen Skandal zu vermeiden, eine Weile gewartet und dann geheiratet hätten, wäre Clara wiederum in der bürgerlichen Ehefalle gelandet. Fruchtbar wie sie war, wären garantiert weitere Kinder gekommen ..... und das heißt weitere erzwungene häusliche Phasen, rücksichtsvolles Eingehen auf den Ehemann, der das Sagen hat...... und davon hatte Clara garantiert mehr als genug!
Als Frau in dieser wahrhaft tragischen Lage wird sie sich gesagt haben "Dann wird es eben eine Freundschaft zwischen uns, bei der ich ungehindert mein Leben selbst in die Hand nehmen kann." Brahms bleibt natürlich nichts anderes übrig, als dies zu schlucken. Aber er wird sich zeit seines Lebens nicht aus dem Bann dieser Liebe lösen können - er bleibt unverheiratet und verliebt sich später in Claras Tochter Julie, die ihrer Mutter sehr ähnlich sah. Bei den mehrtägigen Gedenkfeiern anlässlich des Todes von Clara Schumann 1896 muss er seinen musikalischen Vortrag abbrechen - zu heftig ist seine emotionale Ergriffenheit (wohlgemerkt nach 40 Jahren Verbindung zu Clara Schumann). Seine "Vier ernsten Gesänge" sendet er später der Tochter Marie Schumann als "ganz eigentliches Totenopfer für Ihre geliebte Mutter". Er überlebt Clara Schumann um nur ein Jahr.

Auch Clara muss mit den Folgen dieser schweren Entscheidung leben. Soweit die schriftlichen Zeugnisse erhalten sind, wird von ihr nie ein direkter Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf die Liebesbeziehung zu Brahms und ihrem eigenen seelischen und gesundheitlichen Zustand genannt. Es fällt aber auf, dass sie - die sonst absolute Rossnatur - 1857 erstmals über rheumatische Erscheinungen klagt, die immer wieder die nächsten Jahrzehnte auftauchen. Man könnte es schon fast als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass 1874, ausgerechnet nach der Aufführung des Brahms d-Moll Klavierkonzert, ein rheumatischer Schub ausgelöst wird, der sie die nächsten 2 Jahre daran hindern wird, öffentlich aufzutreten. Auffallend auch ihre über Jahrzehnte anhaltende Ruhe- und Schlaflosigkeit. "Zum Bummeln habe ich so gar kein Talent- es wird gleich so gar trübe in mir, wenn ich nicht tätig sein kann" (10).
Unermüdliche Arbeit auch als Betäubung von seelischem Schmerz, schlechtem Gewissen...? Arbeit=betäubende Droge wäre damit eine weitere Entsprechung ihrer Saturn/Neptun Verbindung.

Der Vollständigkeit halber sei kurz auf Claras "dritten Mann" (11) , Theodor Kirchner, eingegangen. Er hatte das Ehepaar Schumann schon in Dresden und Düsseldorf besucht. Er war Organist in Winterthur und ähnelte Robert Schumann in mehrererlei Hinsicht: er komponierte in seinem Stil - ohne freilich seine Genialität zu erreichen - , sah seinem Vorbild sehr ähnlich und besaß eine "Schwäche", wegen der Clara Schumann höchstwahrscheinlich die Liebesbeziehung entschieden beendete: eine ausgeprägte Spielleidenschaft, bei der er viel Geld verspielte, darunter auch eine größere Summe, die ihm Clara gegeben hatte. Erst neueste Forschungen brachten zu Tage, dass zwischen Sommer 1863 und 64 eine Liebesbeziehung zwischen ihm und Clara Schumann bestand. Die kuriosen Umstände, unter denen diese Beziehung "entdeckt" wurde, stehen exemplarisch für das Vorgehen von Marie Schumann, das Andenken ihrer Mutter "rein" zu halten. Eine Klavierschülerin Kirchners hatte die Briefe aus dem betreffenden Zeitraum stellenweise kopiert, bevor sie sie Marie Schumann zuschicken musste. Marie vernichtete sämtliche Briefe, im Glauben, damit sämtliche Zeugnisse dieser tabuisierten Beziehung aus der Welt geschafft zu haben. (12)

Astrologisch gesehen ist die Zeit, in der sie mit Kirchner liiert ist, sehr wichtig: der laufende Saturn, Herrscher von Claras 7.Haus, läuft 1862 direkt über ihre Venus/Sonne Konjunktion ins vierte Haus und aktiviert die folgende Zeit das gesamte geballte T-Quadrat im 6. und 10. Haus.

Clara Schumann als Mutter

Saturn in 4 heißt immer auch Wurzeln schlagen: Clara kauft 1862 passenderweise ein Häuschen in Baden-Baden in illustrer Nachbarschaft zu ihrer Freundin Pauline Garcia Viardot und bewohnt es 10 Sommer lang mit ihrer Familie. Erstmals nach längerer Zeit bietet Clara ihren Kindern zumindest in den Sommermonaten ein Nest, in dem die übers Jahr verteilten Kinder zusammenkommen können. Kirchner schreibt sie:
"Ich bin keine so hingebende Mutter als ich meinem Robert Gattin war". (13)

Diese Aussage ist eine gelinde Untertreibung. Etwas realistischer klingt dann schon ihre Aussage in einem Brief an ihre Schwägerin Pauline Schumann:
".... wie ich sie (=die Kinder) denn überhaupt gern so zurückgezogen wie möglich gehalten sehe. Du verstehst mich schon, ohne daß ich es dir detailliere" (14).

Dass Clara Schumann - ihrer enormen künstlerischen Anlage entsprechend - nach dem Tod ihres Mannes nicht als Hausmutter versauern wollte, ist mehr als verständlich. Liest man Claras Briefe an ihre Kinder und deren Lebensläufe, bekommt man den nachhaltigen Eindruck, dass deren Lebensausdruck nach Robert Schumanns Tod sehr rigide den Anforderungen und Bedürfnissen der Mutter untergeordnet wurde. Ihren Krebs-Aszendenten mit Mond in 1 lebt sie nach Roberts Tod dahingehend aus, ihren eigenen seelischen Bedürfnissen konsequent nachzugehen. Nach Beendigung ihrer achtmonatigen Konzerttourneen besucht sie zunächst Freundinnen oder ist Gast bei reichen Herrschaften. Dann erst sucht sie ihre Kinder auf.

Was kann man - natürlich immer im Wissen, wie es sich konkret abspielte - astrologisch gesehen aus Claras Horoskop bezüglich ihrer Kinder noch herauslesen?
Ihr 5. Haus beginnt in der Waage und umfasst als Zweitherrscher den Skorpion. Die Venus hat eine zulaufende Konjunktion mit Claras Jungfrau-Sonne im 4. Haus, überdies eine Konjunktion mit Merkur und einen Spiegelpunkt zum Mond.

Das klingt erst mal nett - Claras Tagebücher und Briefe bringen auch diese Seite zum Ausdruck: teilnehmende, liebevolle Worte, an Einzelheiten im Alltag und und an der Entwicklung der Kinder interessiert. Diese Entwicklung wird jedoch, sobald die Kinder größer sind, an einem unerbittlichen Vorbild (=Saturn/Pluto) gemessen. Was die Sängerin Aglaja Organi bezüglich Clara Schumanns Verhalten "durchschnittlichen" Menschen gegenüber beobachtet, kann auf ihre Kinder übertragen werden .
"Von der Exklusivität, welche übrigens unter diesen Künstlern (gemeint sind die in Baden-Baden ansässigen Künstler) herrscht, kann sich niemand einen Begriff machen,....Das sind die wahren Aristokraten, die auf das übrige Menschengewürm in stolzer Selbstgenügsamkeit hinabblicken. Ich sehe nun, wie so ein Künstler den anderen zu Dilettantenverachtung drillt ..., nein weiter noch: Menschenverachtung. Frau Schumann - sauf le profond respect, den man vor allem ihr als Künstlerin zollen muss - ist eine einfach scheinende Frau, in allem und jedem solid und tüchtig, gerade und offen. Sie ist mit mir recht freundlich, doch für mein Talent wird sie sich wohl schwer je interessieren, denn Talente gelten ihr nichts. Für sie gibt es nur Lind (gemeint ist die berühmte Sängerin Jenny Lind) oder Stockhausen (damals berühmter Bariton)", (15)

Dieser immense Erwartungsdruck, dem die Kinder natürlich nie genügen, zeigt sich als Kehrseite ihrer Saturn/Pluto Verbindung im 10.Haus. Allgemein kann die Verbindung Saturn/Pluto sowieso ein schicksalsschweres Erbe verkörpern. Die Familie von Robert Schumann war psychisch hochgradig belastet. Inwieweit da schon erblich bedingte, nicht ausgleichbare Faktoren hineinspielten, kann niemand ermessen. Die immense Aspektierung des Pluto (Konjunktion Saturn, Quadrat zu Neptun und Uranus, Opposition zur Sonne) kann jedoch passend gelesen werden als :Fernhaltung (Sonne/Neptun/Uranus) , totale Unterordnung der Kinder, (Saturn/Pluto) und insgesamt Auflösung des familiären Verbandes (Pluto in Opp. zur Sonne in 4 und Quadrat Uranus) .

Eva Weissweiler bezeichnet dementsprechend Claras Erziehungskonzept vernichtend als "Abschiebungs-und Beseitigungskonzept zur Wahrung größtmög-licher physisch-psychischer Distanz mit der Irrenanstalt als Endlösung ", das viele Opfer hinterließ. Am schlimmsten trifft es die drei Söhne: Ludwig landet 1870 in der Irrenanstalt Colditz und stirbt dort 1899. Clara besucht ihn dort insgesamt nur 3 Mal. Ihren jüngsten Sohn Felix hält sie konsequent davon ab, eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen. Er stirbt 1879 mit 25 Jahren an Tuberkulose. Während er zu Hause stirbt, konzertiert Clara Schumann. Ähnliches geschieht 1891: sie gibt Klavierunterricht, anstatt an der Beerdigung ihres Sohnes Ferndinand teilzunehmen, der an den Folgen einer Morphiumsucht gestorben war. Sie selbst hatte eine mutterlose Kindheit gehabt - und diese Erfahrung hat sie konsequent und verstärkt an ihre Kinder weitergegeben:

Nach dem Tod von Robert Schumann verteilt sie ihre Kinder jahrelang einzeln über ganz Deutschland, was von ihren Freunden Brahms und Joachim offen kritisiert wird. Der Kontakt zwischen ihr und ihren Kindern besteht lange Zeit hauptsächlich in Briefen, in denen sie ihre Kinder dazu anhält, der Mutter gegenüber dankbar zu sein und im Ganzen gesehen keinen Ärger zu machen. Für sie steht von Anfang an fest, dass - ungeachtet der z.T. beträchtlichen Begabungen - keines ihrer Kinder auf eine Solistenlaufbahn hin ausgebildet wird. Eugenie hält sie davon ab, Komposition zu studieren - schließlich sind Frauen Ausübende der Kunst und nur Männer fähig, schöpferisch zu wirken. Ihre älteste Tocher Marie wird in die Ersatzmutterrolle für die jüngeren Geschwister und später in die Begleiterinnenrolle ihrer Mutter gedrängt.
Sie schien diese Aufgabe widerspruchslos akzeptiert zu haben, sicherte sie sich doch damit ein seltenes Geschenk: die Zuneigung der vielbegehrten Mutter. Nach dem Tod Clara Schumanns war sie die unerbittliche Nachlassverwalterin, die alles, was den Ruf der Schumanns gefährden könnte, unterschlug oder vernichtete.

Nur Elise, Claras Zweitgeborene, schien das familiäre Strickmuster früh durchschaut zu haben und setzte sich dank ihrer Charakterstärke entschieden ab. Interessanterweise akzeptierte Clara später ihre Tochter als gleichberechtigt und ab 1883 wohnten sie ohne große Komplikationen in unmittelbarer Nachbarschaft in Frankfurt. Zu den drei Enkelkindern, die von Elise stammten, schien Clara Schumann ein herzlicheres Verhältnis gehabt zu haben als zu ihren eigenen Kindern.

Clara als reife Künstlerin, Konzertmanagerin und Geschäftsfrau

"Wo viel Licht, ist auch viel Schatten" (Sonne/Pluto) - dieses Sprichtwort gilt für Clara Schumann in mehrfacher Hinsicht. Wirkte sich ihr geballtes T-Quadrat für ihre Kinder größtenteils ungünstig aus, so half es ihr ungeheuer bei der Durchsetzung ihrer eigenen Person und ihrer künstlerischen Ziele in einer Zeit, in der Frauen berufliche, finanzielle und seelische Selbständigkeit nicht zugestanden wurde. Das berühmte Porträt Clara Schumanns von Franz von Lenbach

Astrologisch ist jedenfalls festzustellen, dass ihr kolossales T-Quadrat sie für den totalen Einsatz (Sonne/Pluto) für
a) überpersönliche künstlerische Maßstäbe sowie für
b) ihre eigene Person begünstigte.

Zu a) Beim Konzertieren ging es ihr stets um natürliche (Krebs Aszendent mit Mond im 1. Haus) und zutiefst musikalische Wiedergabe der Musikwerke. Im Gegensatz zu Pianisten wie Liszt und Thalberg war für Clara Schumann virtuose Technik lediglich die Voraussetzung, aber keinesfalls das Ziel ihrer Konzerte. Wichtigtuerei um den Künstler als Person lehnte sie vollständig ab. Ihr Verständnis als Künstlerin lag darin, Priesterin/Vermittlerin der heiligen Kunst Musik zu sein. (Sonne in 4 Opp. Saturn/Pluto in 10 Quadrat Neptun in 6). Dieser Überzeugung und Lebensaufgabe mussten letztlich ihre Ehe und weitere Beziehungen weichen. Saturn, der Herrscher von 7 steht in 10: sie suchte in ihren Partnern ein massives Vorbild, das sie bewundern konnte. Entdeckte sie dann irgendwann massive Defizite, waren schwache Charaktere wie Schumann und Kirchner schnell abserviert. Sie erinnert Brahms mehrfach in Briefen daran, besser nicht zu heiraten und seiner Verantwortung als Künstler gegenüber konsequent treu zu sein. Was sie Brahms riet, galt in höchstem Maße für sie selbst.

zu b) Diese konsequente Unterordnung unter künstlerische Ideale paarte sich im persönlich/geschäftlichen Bereich mit massiver Selbstdurchsetzung (Sonne/Pluto). Wohlgemerkt: Der Aszendentenherrscher Mond sowie die Sonne stehen innerhalb der beiden ersten subjektiven Quadranten. Der Merkur als Herrscher der Sonne dirigiert das Ganze noch verstärkt nach Haus 3, also in die eigene Darstellung. Zu ihrer künstlerischen Anlage gesellte sich ein hervorragender Geschäftssinn (Merkur-Jungfrau; Sonne als Herrscherin des 2.Hauses kombiniert mit Pluto) sowie ein großes dramaturgisches Geschick, mit dem sie die Programmabfolge ihrer Konzerte erfolgreich gestaltete.

Auf die geschäftlichen Belange hatte sie ihr Vater hervorragend vorbereitet: er ließ sie als Kind bereits Briefwechsel zwischen ihm und Verlegern etc. kopieren. Das hatte zweierlei Nutzen (Jungfrau): einerseits erlernte sie gleichsam nebenbei die Rechtschreibung, andererseits verinnerlichte sie die erfolgreichen Geschäftsprak-tiken ihres Vaters. Ihre Geschäftsbriefe sind eindrucksvolle Beispiele von gewievtem Geschäftssinn (Merkur in der Jungfrau) gepaart mit verbindlicher, sensibler Freundlichkeit (Krebs Aszendent). Ihre hohen Forderungen wusste sie stets durchzsetzen. Dieter Kühn rechnet in seiner Biographie über Clara Schumann exakt die Gagen nach heutigen Kriterien um und kommt zum Ergebnis, dass Clara neben Pauline Viardot-Garcia und Jenny Lind die bestverdienendste Musikerin Europas war.

Claras 2. Haus beginnt im Löwen. Die Sonne als Herrscherin ihres 2. Hauses steht in 4 in Konjunktion mit Venus und hat die wohlbekannte Opposition zu Saturn/Pluto. In Kombination mit Merkur in der Jungfrau ist es kein Wunder, dass Clara viel von Geschäften und sparsamem Umgang mit Geld verstand. Nach außen hin herrschte strenges understatement: stets stellte sie sich als "arme Witwe" dar, die sich und ihre 7 Kinder mühselig durchbringen musste. Ihr Antrieb, viel Geld zu verdienen, ist zusätzlich in einer Zeit zu verstehen, in der Armut nicht durch einen Sozialstaat ausgeglichen wurde. Sie selbst konnte als Freiberuflerin ja auch nicht wissen, wie lange sie gesundheitlich gesehen in der Lage war zu konzertieren. Und sie wusste auch, dass niemand in der Familie in der Lage war, sie finanziell mitzutragen. Ihre Mutter diente ihr sicher als warnendes Beispiel. Marianne Bargiels zweite Ehe war finanziell gesehen ein Desaster. Ihr Mann wurde früh erwerbsunfähig und Claras Mutter hätte ohne Unterstützung ihrer ältesten erfolgreichen Tochter große Schwierigkeiten gehabt, sich und ihre zahlreichen Kinder durchzubringen.

Mehrmals wurden Clara attraktive Festanstellungen angeboten, die sie jedoch bewusst ausschlug. Sie setzte ihre finanziellen und zeitlichen Forderungen so hoch an, dass die Verträge nicht zustandekamen. Dies ist mit Sicherheit ihrem Schützepotential im 6. Haus zuzuordnen, in dem Uranus und Neptun sie dazu drängten, so lange wie möglich abwechslungsreichen, ungebundenen Lebens- und Arbeitsbedingungen nachzugehen. Auf ihren Auslandstourneen gewinnt sie eine besondere Vorliebe für England, ein Land, das stark vom Archetyp des Steinbocks geprägt ist. 1865 schafft sie hier den Durchbruch bei Kritik und Publikum. Astrologisch gesehen dazu passend ist ihr 7-Jahresherrscher Saturn, der sich und die mitaspektierten Planeten (=geballtes T-Quadrat) in diesem Jahr prompt auslöst.

Erst 1878 nimmt sie in Frankfurt eine hochbezahlte Lehrstelle am Hochschen Konservatorium an, die sie aus gesundheitlichen Gründen 1892 beendet. Über Jahrzehnte ist sie - teilweise zusammen mit Brahms - musikeditorisch tätig. Ihre insgesamt 19 erfolgreichen Konzerttourneen in England werden 1881 mit einer Ehrenmitgliedschaft in der Royal Academy of Music gekrönt. 1889 verleiht ihr Kaiser Wilhelm II die große Medaille für Kunst anlässlich ihres 70. Geburtstags. Die unglaubliche musikalische Schaffenkraft, die diese Frau beflügelte, spricht plastisch aus einem Zitat ihrer Tochter Eugenie:

"Der schönste Tag war doch der, an dem Mama nach längerer Ruhezeit wieder anfing zu üben.... Das Wunderbare an diesem Üben war, dass es, obleich ihm immer derselbe Plan (Saturn/Pluto) zugrunde lag, doch jeden Tag neu, wie aus geheimen Quellen geschöpft (Neptun/Uranus), erschien. Hinreißender Schwung, vollendeter Rhythmus (Uranus/Neptun), ..höchste technische Meisterschaft (Pluto/Saturn/) strömten in diesen Übungen zusammen und schufen daraus ein wunderbar vergeistigtes Kunstgebilde (Uranus/Neptun/Saturn). ... Ein Üben im landläufigen Sinne des Wortes war das nun nie. Niemals habe ich meine Mutter langsam, Takt für Takt, etwas üben hören. Sie hatte schon als Kind alle technischen Schwierigkeiten überwunden.... Sie übte meist ohne Noten, und ich erinnere mich einzelner Gelegenheiten, wo sie mir, ...zurief, ich möge ihr das Stück, welches sie gerade spielte, heraussuchen, sie müsse etwas nachsehen. ....Was mich dann am meisten wunderte, war, daß sie unentwegt fortspielte, während sie uns dies oder jenes sagte; auch las sie beim Tonleiterspielen oft eben angekommene Briefe, die vor ihr auf dem Pulte lagen." (17)

Dazu ergänzend George Bernard Shaw in "The Hornet" 1877: "Sollte es überhaupt Worte geben, um die Kunst von Madame Schumann, ihren poetischen Ausdruck und die Schönheit ihrer Klangfarben zu beschreiben, sie würden den Rahmen dieser Kolumnen sprengen.... so bald werden wir diese beispielhafte Darstellungskunst nicht wieder hören." (18)

Sonne/Venus Opposition Saturn/Pluto und das Ganze im Quadrat zu Uranus/Neptun: die Äußerungsformen für dieses gewaltige T-Quadrat sind im Falle einer Persönlichkeit wie Clara Schumann äußerst bedeutsam und vielfältig.

Zusammenfassend sei festgehalten:

Ihre Sonne-Saturn-Pluto Verbindung zwischen Haus 4 und 10, die sie während der Ehe als massive Einschränkung ihres Lebensausdrucks erfahren hatte, drehte sie nach Robert Schumanns Tod aktiv und konsequent um zur Formel: eigener künstlerischer Lebensausdruck (Sonne/Neptun) = absolute Pflicht (Saturn/Pluto).

Das Vorurteil der Zeit und das ihres Mannes, dass Frauen nur als Ausübende, nicht aber als Schöpfer Meisterschaft erlangen können, hatte sie leider übernommen. Infolgedessen ist ihre kompositorische Begabung nicht ausreichend zum Zuge gekommen und dies verstärkte vielleicht zusätzlich ihre Angst, noch zu Lebzeiten vergessen zu werden. (19)

In ihren letzten Lebensjahren litt sie verstärkt unter Rheumatismus und Kopfleiden; ihr letzter 7-Jahres-Rhythmus lief oben herum im Löwen und unten herum im Widder und Stier. Sie starb an einem Schlaganfall am 20. Mai 1896 in Frankfurt. Die Konstellationen ihres Todes: der laufende Mars lief direkt über ihre Saturn/Pluto Konjunktion. Der Saturn im 5. Haus hatte ein minutengenaues Trigon zu ihrem Aszendenten sowie ein Trigon zu ihrem MC. Der laufende Neptun befand sich in ihrem 12. Haus und warf ein Quadrat auf ihre Sonne, einen Spiegelpunkt zu ihrem Mondknoten und eine Opposition zu ihrem Uranus. Auch Pluto lief durch Haus 12 und stand im Quadrat zu ihrer IC/MC Achse, außerdem im Quadrat zur Venus.

Wenn es gemäß Aussagen berühmter Medien stimmt, dass wir im Jenseits das tun, was wir am meisten und am liebsten im Diesseits getan haben, dann wissen wir, womit Clara Schumann ihre Sphäre im Jenseits erfreut: mit ihrem unvergesslichen Klavierspiel!

Anm.1 aus "Frauen mit Flügel", Insel Taschenbuch, herausgegeben von Monica Steegmannund Eva Rieger, S.63

Anm.2: zitiert aus "Claras Kinder" von Eugenie Schumann mit einem Nachwort von Eva Weissweiler und Gedichten von Felix Schumann, Dittrich Verlag 1995

Anm. 3 aus "Frauen mit Flügel", S.63/64
Anm.4, ebda S. 64
Anm. 5: Felix kommt als jüngstes Kind im Juni 1854 zur Welt
Anm.6, Dieter Kühn "Clara Schumann, Klavier" Fischer Taschenbuch, 1998
Anm.7: Der Vollständigkeit halber muss hier nachgetragen werden, dass nach wie vor ungeklärt ist, worauf letztlich Schumanns Geisteskrankheit beruhte. Manche Ärzte bestreiten überhaupt, dass Schumann jemals Syphilis gehabt habe und neigen zur These, dass die "Gehirn-affectionen" Folge seiner manisch depressiven Veranla-gung waren. Andere schreiben sie einer Spätfolge der Syphilis zu. Wiederum andere definieren sie als Folge von beidem. Siehe hierzu Beitrag zu Robert Schumann aus "Krankheiten großer Komponisten" von F.H. Franken, Florian Noetzel Verlag, 1986
Anm.8: "Claras Kinder", S. 291
Anm.9 siehe Janina Klassens Aufsatz in "Clara Schumann, Bericht über die Tagung anlässlich ihres 100. Todestages", hg. von Peter Ackermann und Herbert Schneider
Anm.10: Kühn, Clara Schumann, Klavier, S.538
Anm.11: Formulierung Kühns
Anm.12: Kühn S. 542-549
Anm.13: zitiert nach Kühn, S.550
Anm.14: aus "Claras Kinder", S. 297
Anm.15: Gabriele Busch-Salmen, "Die Bildnisse Clara Schumanns" in "Clara Schumann, Bericht über die Tagung anlässlich ihres 100. Todestages", S.125
Anm.16: "Claras Kinder", S.335
Anm.17: aus "Claras Kinder" von Eugenie Schumann, S.27/28
Anm.18: Monica Steegmann, Clara Schumann, rororo Monographie, 2001, S.142
Anm. 19: ebda, S. 143


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